Montag, 7. Februar 2011

Theater: Lulu - die Nuttenrepublik in der Schaubühne

 "Eine Hure ist ein Mensch, ist ein Mensch, ist ein Mensch" heißt es in Volker Löschs Inszenierung von Frank Wedekinds "Lulu" an der Schaubühne. Das Stück feierte im Dezember letzten Jahres Premiere und speist sich nicht nur von Wedekinds Ausgangsgeschichte, sondern, und das macht das Stück so besonders, von Original-Texten Berliner Sexarbeiterinnen die immer wieder zwischen der Handlung von 15 Schauspielerinnen erzählt werden.

Zuallererst erörtert Lösch die biografischen Daten der Prostituierten, die vom Nebenverdienst während des Studiums bis zum Vollzeitjob seit dem Teenageralter reichen und ordnet die Sexarbeit in verschiedene Bereiche wie Escort, Tantramassage, Tabledance, Bordell- oder der gefährlichen Straßenstrichprostitution ein. Oft fällt das Stichwort "Selbstbestimmtheit" und "Arbeit an der Werkbank" innerhalb der Prostituion. Selbstbestimmtheit ist auf dem Straßenstrich kaum möglich, schon eher in den Bordellen, doch zu Anfang wirkt dieses Wort innerhalb dieses Kontexts eher ironisch.

Die verschiedenen Freiertypen werden von den Sexarbeiterinnen wie folgt beschrieben, Nummer 1 ist der realitätsverleugnende Familienvater, der die Frauen für ihr Studium bewundert und sich ausmalt die Frau in einer Bar kennengelernt zu haben. Freiertyp 2 ist der diskriminierende, siffig-ungewaschene und Machtspieltreibende, welcher seine Grenzen mit der Frage nach Sex ohne Kondom austestet. Der 3. Typus zeigt sich realitätsnah und erkennt an, dass er Freier und die Prostituierte eine Prostituirte ist die nebenbei auch noch gebildet sein kann.

Viele Frauen berichten davon sich nicht wirklich mehr vorstellen zu können eine normale Sexualität zu finden, oder von ihren Identitätsstörungen der Kategorie "Manchmal weiß ich selbst nicht mehr ob ich nur eine Nutte bin, oder auch ein Mensch". Das Gefühl sich als Person verloren zu haben und in sich selbst genau das zu sehen, was die Freier in einem sehen, nämlich eine Reduktion auf die Geschlechtsmerkmale, erläutert die Vehemenz des eigenen Identitätsverlusts. Viele haben Zukunftsängste und fragen sich was passieren wird wenn sie nicht genug Geld fürs Alter zurücklegen können oder ob sich ihre Kinder aus Scham irgendwann von ihnen abwenden würden. Andererseits erzählt das Stück auch von Frauen die sich nicht schämen und ihren Job nicht als dreckig empfinden.

All diese Frauen fordern einen Stopp der sozialen Stigmatisierung der Sexarbeiterinnen und richten einen  Appell gegen die herablassende und respektlose Haltung der Gesellschaft. Damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt "Eine Hure ist ein Mensch, ist ein Mensch, ist ein Mensch" angekommen. 


Hier der Trailer für das Stück:



2 Kommentare:

  1. Sehr, sehr gut! Sowohl das Stück als auch dein Text hier! Find ich toll, gut gemacht :)

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  2. Und hier; die Schaubühne :D
    http://ziwuesoe.deviantart.com/#/d38q8kb

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