Freitag, 11. März 2011

Nan Goldin. Berlin Work. Berlinische Galerie

Berlinische Galerie                 
"I thought I could never lose anybody by taking pictures of them. But in fact it shows me now how much I`ve lost." Nan Goldins noch laufende Ausstellung berichtet wie eine Art bebildertes Tagebuch von absolut ungeschönten Erinnerungen eines kaputten Glamours, eines freien und ungehemmten Lebens sowie dem Versuch das alles niemals zu verlieren. In diesem Versuch steckt neben der Tragik die sich permanent durch Goldins Leben bahnte auch viel Hoffnung und Trost. Ausgangspunkt für Nan Goldins Arbeit war die Flucht aus der sie erdrückenden Vorstadt Washington D.C.s nachdem der Suizid ihrer Schwester Holly den ersten großen Bruch ihres noch so jungen Lebens markierte. Sie suchte sich neue Ersatzfamilien in Boston, New York und später auch in West-Berlin, wo sie in den 80er Jahren in einem besetzten Haus mit Freunden in der Köpenicker Straße in Kreuzberg wohnte.

Im Zentrum von Goldins Arbeiten steht ihr Leben. Brutalste Intimität in Schnappschuss-Ästhetik ziehen den Betrachter direkt in Nan Goldins Welt. Es ist kein zur Schau stellen und auch keine Inszenierung in den Fotos zu sehen, sondern ein ungewohnt ehrlicher Blick auf ihr Leben und ihre Freunde. Ihre Fotografien waren nie für ein Museumspublikum gedacht, sondern nur für sie selbst und ihre Freunde. Der Zuschauer ist niemals Voyeur, sondern befindet sich inmitten Goldins ausschweifenden Lebens. Das Gefühl von Vertautheit stellt sich ungewohnt schnell ein.

Goldin arbeitete sehr oft mit dem Stilmittel der Spiegelung. Wir sehen oft Personen die sich im Bad befinden und in den Spiegel blicken, teilweise als Portraits, teilweise in halbtotaler Einstellungsgröße. "Im Spiegel suche ich das Verhältnis der Menschen zu sich selbst, wenn sie sich betrachten", so Goldin gegenüber der Berliner Zeitung. Als Vorbild für ihre Bilder nahm sie sich beispielsweise auch ikonenhafte Gemälde. Sie erkannte einen Moment der sie an ein Bild erinnerte und schoss ein Foto. Spontanität und das Alltägliche spielen eine große Rolle in Goldins Philosophie.

Eine Faszination für das absolut Freie und Ungezähmte geht von ihren frühen Boston-Bildern aus, die jedoch leider nicht in der Austellung zu sehen sind. Sie fotografierte gerne Transvestiten oder Transgender und war selbst bisexuell. Nan sagt über Transgender in der Ausstellungsdokumentation sie seien für sie so etwas wie das 3. Geschlecht, das mehr Sinn machen würde als die übrigen beiden. Transgender unterziehen sich keinen Geschlechterkonventionen, sondern versuchen das auszuleben was sie sind.

Weitere Einschnitte markierte die Krankheit AIDS, die sich in Nan Goldins direkten Umfeld ausbreitete wie ein Lauffeuer. In der Austellung der Berlinischen Galerie sieht man wie Goldin ihre Freunde teilweise auch bis hin zum Tod begleitete und ihren Krankheitsverlauf fotografisch dokumentierte. Nan hat überlebt und zeigt uns in dieser Ausstellung alle Extreme ihres verlorenen Alltags in einer ungewohnt puristischen Vehemenz.

Die Ausstellung läuft bis 28.März 2011 und kostet ermäßigt 5€ 
U-Bahn: Hallesches Tor oder Moritzplatz.

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